Infoheft Freudental
Jüdischer Friedhof Dass sich der Jüdische Friedhof heute am Fuß des Seebergs befindet, ist die Folge einer will- kürlichen Schändung durch den Landesherrn. Denn bereits in den Zobel’schen Schutzbriefen war den Freudentaler Juden die Einrichtung eines Friedhofs zugebilligt worden. Dieser erste Friedhof lag im Alleenfeld zwischen dem Königsträßle und der Straße nach Löchgau. Doch 1811 beschloss König Friedrich, auf eben diesem Gelände eine Fasanerie errichten zu lassen. Der Jüdische Friedhof wurde eingeeb- net, die Grabsteine wurden in Häusern verbaut oder landeten im Wegebau. Der neue Friedhof wurde auf Bönnigheimer Gemarkung am Fuß des Seebergs angelegt. Seine abgeschiedene Lage am Waldrand ent- spricht sowohl der religiösen Bestimmung, wonach jüdische Begräbnisplätze extra muros zu liegen haben, als auch der Ausgrenzungs- tendenz der christlichen Mehrheitsgesellschaft. Ursprünglich umfasste er nur die Fläche rechts des heutigen Eingangstors. Der älteste Grab- stein ist der der Pesle Ballenberg, die am 4. Dezember 1811 starb. Der Friedhof wurde im Wesentlichen von hinten nach vorne belegt, wobei Frauen und Männer zunächst in getrenn- ten Reihen bestattet wurden. Alle älteren Grab- male sind aus Sandstein, meist handelt es sich um flache Stelen. Ihr einziger, aber häufiger Schmuck sind Rundbogenabschlüsse. Das Vorbild der mosaischen Gebotstafeln ist offen- kundig. Nach und nach werden die Rundbögen von Giebeln und Gesimsen abgelöst. Die Inschriften sind zunächst fast durchgängig hebräisch. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts mehren sich Steine, bei denen zur hebräischen Vorder- seite eine deutsche Inschrift auf der Rückseite tritt. Mit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert häufen sich dann Stelen mit zweisprachiger Vorderseite. Grabmale mit rein deutscher Inschrift bleiben auch im 20. Jahrhundert eine Ausnahme. Der Freudentaler Friedhof doku- mentiert so zwar einerseits die Annäherung der jüdischen Gemeinde an die nichtjüdische Umgebung. Er ist aber zugleich ein Ausweis des 35 Freudental – Info heft geplündert und schwer beschädigt, aber wegen ihrer Lage mitten im Ort nicht angezün- det. Die bürgerliche Gemeinde nahm das Gebäude danach als Turnhalle in Beschlag, 1943 wurde es förmlich „arisiert“ und 1955 – nach vorübergehender Restitution an die Israe- litische Religionsgemeinschaft in Stuttgart – an einen Handwerker verkauft, der es als Schlosse- rei nutzte. Die Synagoge verfiel, im Oktober 1979 schien ihr Abbruch nach einem Beschluss des Freudentaler Gemeinderats und dessen Billi- gung durch den damaligen Zentralrats-Vorsit- zenden Werner Nachmann nicht mehr zu ver- hindern. Doch gelang es einer Bürgerinitiative, die sich 1980 zum Förder- und Trägerverein ehemalige Synagoge Freudental zusammenschloss, die Synagoge zu kaufen und mit Hilfe des Landkrei- ses zu retten. Nach aufwändiger Sanierung, bei der im Dachstuhl eine Genisa gefunden wurde, konnte das Gebäude am 17. Januar 1985 seiner neuen Bestimmung als Pädagogisch-Kulturelles Centrum Ehemalige Synagoge Freudental übergeben werden. Als Tagungs- und Bildungs- stätte mit eigenem Gästehaus veranstaltet das PKC Seminare, Tagungen, Ausstellungen, Vor- träge, Theater- und Konzertabende. Die Schwerpunkte liegen auf Demokratieerzie- hung und Erinnerungsarbeit. Außerdem bietet das PKC Studienreisen an. 2003 wurde mit einem gläsernen Anbau eine Verbindung zwi- schen der ehemaligen Synagoge und dem Gästehaus geschaffen. Teile der Genisa wer- den in einer kleinen Ausstellung auf der Frau- enempore der Synagoge gezeigt. 11 11
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